Visualisierung: Behübschung oder Mehrwert für den Scrum Flow?

Überall dort, wo Menschen aufeinandertreffen, um miteinander Dinge zu erarbeiten, zu besprechen und zu planen, ist Visualisierung sinnvoll – zum Beispiel bei Meetings, Tagungen, Konferenzen, Seminaren, Trainings und Workshops. Obwohl es unzählige Möglichkeiten gibt, verstehen viele unter „Visualisierung“ noch immer nur PowerPoint-Präsentationen und vergeben sich damit die Chance auf einen nachhaltigen Eindruck. Was bleibt nach der x-ten PowerPoint-Präsentation in Erinnerung? Endlose Folienschlangen, dicht bepackt mit Zahlen, Daten und Fakten – kaum etwas davon bleibt erwiesenermaßen im Gedächtnis der Zuhörerschaft hängen.
Auch die Wissenschaft zeigt: Visuals schaffen es deutlich besser, die Zuhörer und Zuschauer zu binden. Laut einer Studie der Universität von Minnesota gemeinsam mit der 3M Corporation, die den Einfluss visueller Hilfen im Präsentationssetting untersuchte, kann das menschliche Gehirn Visualisierungen bis zu 60.000 mal schneller verarbeiten als reine Textinhalte. Da 90 Prozent der vom Gehirn absorbierten Informationen visueller Natur sind, können im Anschluss visualisierte Inhalte wesentlich besser abrufen werden.

Visualisierung

Beispiel einer unterstützenden Visualisierung zum Thema “Methodenevolution” während einer interaktiven Meetingform

Das ist ideal für den agilen Kontext, der von der Interaktion, der Freiwilligkeit und Bereitschaft im Team lebt, gemeinsam an Produktlieferungen zu arbeiten. Visualisierungstechniken schaffen es, die Menschen in Arbeitssitzungen und Lernumgebung stärker zu aktivieren. Als Visual Facilitator kann ich hier komplexe Inhalte und unterschiedliche Perspektiven sichtbar machen, dem Team Impulse für den Dialog geben, Gedanken strukturieren und schließlich wichtige Ergebnisse sichern. Neben den zahlreichen Vorzügen zeigen sich in der Unternehmenspraxis allerdings auch einige Herausforderungen, die man beachten sollte, wenn man die Vorzüge der Visualisierung im agilen Kontext nutzen will:

  1. Halten Sie eine lebendige Präsentation. Gehen Sie nicht mit vorgefertigten Flipcharts in eine Präsentation. Als Live-Zeichner sollten Sie die Darstellung im Laufe der Präsentation entwickeln, um die Zuhörer abzuholen, den Erinnerungswert zu steigern und Publikumsfeedback direkt einfließen lassen zu können. Der Zuhörer und Betrachter wird dadurch zweifach kognitiv stimuliert – der Erinnerungswert steigt.
  2. Vermeiden Sie die Ornamentierung von Scrum. Auch wenn Prozess, Inhalte und Ergebnisse in visueller Sprache, d.h. in Kombinationen von Text, Bild und Containern gut sichtbar gemacht werden können, schlägt im Zweifel der Inhalt die Form. Konzentrieren Sie sich auf die Präsentation und nutzen Sie Visualisierungshilfen nur zur Unterstützung Ihrer Kernaussagen.
  3. Lassen Sie sich als ScrumMaster nicht auf die Rolle des Facilitators reduzieren – ein mit bunten Visuals geschmückter Scrum-Meeting-Raum ist keine Garantie für einen funktionierenden Change Prozess. Dem Team und den Stakeholdern hilft die Transparenz, die durch Visualisierungen in Meetings, von Artefakten und auf Boards entsteht. Übernehmen Sie aber nicht alle zeichnerischen Leistungen, sonst werden Sie schnell auf die Rolle des Visual Facilitators reduziert – als ScrumMaster haben Sie noch wesentlich wichtigere Aufgaben!

Nicht nur, aber besonders im agilen Umfeld bieten ausdrucksstarke Visualisierungen die Möglichkeit, den Wert und die Wichtigkeit von Aussagen zu unterstreichen und klarer zu machen. Vom Teammeeting bis zur Großgruppenveranstaltung mit mehreren Hundert Teilnehmern haben Sie ein kraftvolles Tool in der Hand, wenn Sie die damit verbundenen Herausforderungen ernst nehmen.

Foto: CC0 Creative Commons – pixabay, AlexanderStein

Geschrieben von

Bernd Handke Bernd Handke

TEILE DIESEN BEITRAG

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.