Von der Projektkultur zur Produktkultur

Ihr seid vielleicht damit beschäftigt, eure Entwicklung effizienter zu machen bzw. eure Produktivität oder Qualität zu steigern. Aber die Frage, wie man richtig, schnell oder gut liefern kann, sollte nicht die einzige Frage sein, die uns bewegt. Zentral ist die Frage, ob wir das Richtige tun, ob wir richtig auf den Kundenbedarf antworten. Mit anderen Worten: Was bedeutet es, eine Produktorganisation zu sein? Wie sieht es mit eurer Produktkultur aus?
Die Einführung von Scrum wird oft von der IT-Abteilung initiiert, der historisch eine typische Haltung als Dienstleister oder Support-Abteilung zukommt. In einer solchen Organisation ist das Produktmanagement im besten Fall eine separate Abteilung (ein weiterer Silo), deren Schwerpunkt u.a. auf Marketing, Innovation oder Business Development liegt. Leider ist diese Abteilung oft sehr weit von der IT entfernt. Im schlimmsten Fall gibt es überhaupt keine Produktmanagementkultur, sondern eine reine Projektmanagementkultur. Die Gründe dafür, warum die Entscheidung auf ein bestimmtes Projekt/eine bestimmte Produktentwicklung fällt, sind nicht transparent bzw. nicht jedem bekannt.
Meistens sind solche Entscheidungen meinungsgetrieben (Kostenanalyse, Vorstandsprojekt, Lenkungsausschuss, etc.) und selten datengetrieben (Marktentwicklung, Kundenbedarf, Wertschöpfung, Outcome, etc.). In Unternehmen mit reifen Portfolios sammeln “Produktmanager” Anforderungen aus dem Verkauf oder dem Kundenmanagement und beschränken sich auf die Aufgabe des Ressourcenmanagements. Die Produktentwicklung wird nach den verfügbaren Ressourcen priorisiert.
Auch die agile Transition wird oft von der IT-Abteilung vorangetrieben – also von einer Abteilung, die von Produktentwicklung keine Ahnung hat, weil sie über Jahrzehnte in die Rolle des Umsetzers und Dienstleisters gedrängt wurde. Deswegen konnten sich auch kaum die nötigen Kompetenzen oder das passende Mindset entwickeln. Zwar kann sich die IT dann darin verbessern, das Produkt richtig zu liefern, aber gleichzeitig weit davon entfernt sein, das Richtige zu liefern. Also wird auch der Unternehmenserfolg nicht in dem Ausmaß vorangetrieben, in dem er vorangetrieben werden könnte.
Wenn eine agile Organisation eine kundenorientierte Organisation ist, dann bedeutet das eigentlich, eine Produktorganisation aufzubauen. Es bedeutet also, eine Produktkultur einzuführen. Es bedeutet, ständig nachvollziehen zu können, ob der Kunde mit den Produkten zufrieden ist, ob neue Produkte vom Kunden angenommen werden und ob das Unternehmen damit Erfolg hat. Der Aufbau der agilen Organisation/die agile Transition sollte daher aus Produktsicht getriggert, gewünscht und geführt werden. Kundenbedarf, Wert für den Kunden, User Experience und Unternehmenserfolg: Das ist letztendlich die Sprache, die gelernt werden muss.
Wenn ich mir meine bisherigen Scrum-Implementierungen durch den Kopf gehen lasse und mir die Wege dieser Unternehmen zur agilen Organisation ansehe, sehe ich immer den Product Owner bzw. die Produktorganisation als wichtigen Knotenpunkt. Die Einbettung der Agile Delivery in eine Produktkultur ist für die Zukunft eines Unternehmens entscheidend:

  • Ihr könnt alle Teams dieser Welt hyperproduktiv machen, aber wenn die Teams nie mit den Usern arbeiten, werden sie nie das Verständnis für das Business-Umfeld entwickeln und damit den Stolz darauf, in diesem Umfeld für den Kunden Problemlösungen zu finden.
  • Ein Unternehmen kann ziemlich schnell zu einer “Features Factory” werden, Budget ausgeben und trotzdem nicht nachvollziehen oder beeinflussen können, ob die Investition auch zu einem sinnvollen Outcome führt.
  • Wenn eure Product Owner größtenteils Ex-Projektleiter sind, die sich nicht von der Mentalität als Ja-Sager und Berichterstatter emanzipieren können, werden sie weiterhin an ihren Aufgaben als Ressourcenmanager (Planung, Auslastung) hängen bleiben und nie zu Wächtern oder sogar Entwicklern des Produkts werden.

Daher habe ich eine Bitte: Unterstützt eure Product Owner dabei, echte Produktmanager zu werden! Denkt von Anfang an daran, dass das Produktmanagement kein isolierter Silo sein darf, sondern eine Funktion und sogar ein Mindset sein muss, das alle im Unternehmen betrifft!

Geschrieben von

bgloger-redakteur bgloger-redakteur

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Eine Antwort zu “Von der Projektkultur zur Produktkultur”

  1. Patrick Koglin sagt:

    *Daumen hoch*

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